Kognitive Aktivierung zur Prävention der Alzheimer-Demenz
Agnies Marczak
Institut für Studien zur Psychischen
Gesundheit (ISPG) Mannheim
1. Zielsetzung/Fragestellung
Kognitive Aktivierung wird mit geringerem Erkrankungsrisiko für Alzheimer-Demenz in Verbindung gebracht. Aber was genau ist kognitive Aktivierung, wie wirkt sie und vor allem wie kann man sie sinnvoll für die Prävention und Behandlung der Alzheimer-Demenz nutzen? Eine Fülle an Untersuchungen zeigt verschiedene Ergebnisse, was zum Teil von der Heterogenität der verschiedenen eingesetzten Aktivierungsmethoden und zum anderen von methodischen Problemen der Evaluation herrührt. Möglicherweise ist kognitive Aktivierung vor allem als ein Teil multimodaler Interventionen sinnvoll, um deren Effekte durch Konzentrations- und Entspannungstraining sinnvoll zu verstärken.
2. Materialien/Methoden
Als Methode der kognitiven Aktivierung werden vor allem kognitive Trainings eingesetzt. Hierbei gibt es drei Arten: allgemein-aktivierende, kompensatorische und restaurative Verfahren. Wie der Name sagt, die allgemein-aktivierenden Trainings haben keinen bestimmten Bereich, deren Leistungsfähigkeit verbessert werden soll, sondern zielen auf eine unspezifische Aktivierung, wie zum Beispiel die Reminiszenztherapie oder unterschiedliche Arten vom "Gehirnjogging". Die kompensatorischen Verfahren haben als Zweck die Vermittlung verschiedener Techniken, die das Merken von Informationen erleichtern sollen, wie unterschiedliche Mnemotechniken (z.B. multisensorische Enkodierung). Die restaurativen Trainings hingegen sollen die bestehenden defizitären Bereiche der Kognition trainieren.
3. Ergebnisse
Die Durchführung der Trainings ist auf viele verschiedene Weisen möglich.
Neben Gruppen- gibt es Einzeltrainings, diese in Papierform oder computergestützt.
Die vielen Variationen erlauben einerseits die Anpassung an die Zielgruppe
und den Freiraum zum Ausprobieren neuer Konstellationen, andererseits wird
die Evaluation und die Vergleichbarkeit der Verfahren dadurch sehr erschwert.
Hinzu kommt das Problem der kleinen Stichproben. Trotz aller methodischen Probleme
zeigen metaanalytische Untersuchungen Hinweise auf den Erfolg einer bestimmten
Frequenz und Dauer der Trainings (am effektivsten seien 2 bis 3 ca. 30-minütige
Einheiten pro Woche).
Ein weiterer Hinweis aus der Kognitionsforschung zeigt, dass ein gezieltes
Konzentrations- und Aufmerksamkeitstraining, das das Ausblenden von Störreizen
beinhaltet, zu besserem Transfer des Trainingserfolgs in Alltagsfertigkeiten
beitragen kann.
Ein Vergleich der Gruppen- und Einzeltrainings zeigte, dass nur die Probanden,
die in Gruppen geübt haben, ein Trainingserfolg hatten. Dies ist zum einem
durch die in einer Gruppe gestärkte Motivation (feste Termine, Vergleichsmöglichkeiten,
Hilfestellung der anderen Gruppenmitglieder) erklärbar, zum anderen betrifft
es die Sozialkontakte, die im Allgemein eng mit der kognitiven Aktivität
verbunden sind. Sozialer Rückzug hängt mit dem Nachlassen der kognitiven
Leistungsfähigkeit zusammen, viele soziale Kontakte hingegen mit einem
geringerem Risiko für eine Demenzerkrankung. Die Bestimmung der Kausalität
ist hier problematisch, da sozialer Rückzug nicht nur eine Ursache sondern
auch ein frühes Zeichen einer Demenzerkrankung sein kann.
Außerdem gibt es Hinweise auf eine Verbesserung der Trainingsergebnisse
bei der Integrierung von Methoden zur Stressreduktion. Insbesondere beim Entspannungstraining
in Form von progressiven Muskelrelaxation wurde eine Verbesserung der Gedächtnis-
und Aufmerksamkeitsprobleme festgestellt, möglicherweise durch eine Reduktion
der Ängstlichkeit.
Geistige Anregung durch kognitive und soziale Aktivitäten zeigt direkte
positive Ergebnisse auf die kognitive Leistung. Soziale Aktivität kann
die Selbstwirksamkeit erhöhen und dadurch zu einem besseren gesundheitlichen
Zustand und zur stärkeren Motivation bei der Durchführung von kognitiven
Trainings und anderen Interventionen zur Prävention und Behandlung von
kognitiven Störungen beitragen.
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Es gibt Hinweise darauf, dass kognitive Trainings von ca. 30 Minuten Dauer zwei bis drei Mal pro Woche die besten Ergebnisse bringen. Gruppentrainings wirken wahrscheinlich durch die soziale Aktivierung besser als Einzeltrainings. Möglicherweise sind Entspannungsverfahren und gezieltes Ausblenden von Störreizen sinnvolle Elemente zur Steigerung der Wirksamkeit von kognitiven Trainings. Soziale Aktivität fördert die Selbstwirksamkeit und stärkt dadurch die Motivation und den Willen zum Durchführen verschiedener Maßnahmen zur Prävention und Behandlung von Demenzerkrankungen.