Kombinationstherapie von Sprachtraining und non-invasiver Hirnstimulation bei Patient*innen mit Primär Progressiver Aphasie
Bettina Bewernick1, Judith Baltes1, Stefan Heim2, Klaus Fließbach1
1Klinik
für Gerontopsychiatrie, Uniklinikum Bonn
2Forschungszentrum
Jülich, Institute für Medizin & Klinik für
Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik, Medizinische Fakultät, RWTH
Aachen &Klinik für Neurologie, Medizinische Fakultät, RWTH Aachen
1. Zielsetzung/Fragestellung
Personen mit primär Progressiver Aphasie (PPA) können nach aktuellem
Forschungsstand von personenzentrierter Sprachtherapie, auch in Kombination
mit nicht invasiver Hirnstimulation profitieren. In dieser Studie soll speziell
untersucht werden, ob das Sprachnetzwerk an einem noch weitestgehend intakten
Netzwerkknoten standardisiert mittels repetitiver transkranieller Magnetstimulation
(rTMS) stimuliert werden kann und welche Effekte eine Kombination von Sprachtherapie
und rTMS auf verschiedene Ebenen der Sprachfähigkeit (Benennleistung und
Einsatz Abrufstrategien) hat.
Wir betrachten zudem wie die Personen mit PPA das intensive Training annehmen
(Adhärenz und Machbarkeit) und ob es mögliche Effekte der Intervention
auf die sonstige, nicht sprachliche Kognition gibt.
2. Materialien/Methoden
Über vier Wochen erhielten
die Probanden (n=6) täglich rTMS Stimulation und anschließend
45 Minuten cue-basiertes, multimodales Benenntraining. Im Training sollten
Bildkarten benannt werden. Bei Abrufschwierigkeiten wurden Strategien ("cues")
angeboten die die Personen mit PPA anwenden sollten.
Zu insgesamt vier Zeitpunkten vor und nach dem Training wurden Leistungen der
nichtsprachlichen und sprachlichen Kognition (z.B. AAT, TMT A/B, Spontansprache,
Benennscreening) untersucht um Akut- und Langzeiteffekte des Trainings zu erfassen.
3. Ergebnisse
Alle Patienten konnten das Training
gut durchführen. Es zeigten sich anhaltende Übungseffekte auf die
Benennleistung für alle Probanden, die auch 8 Monate nach der Intervention
noch signifikant waren. Generalisierungseffekte auf ungeübte Kontrollitems
konnten für die Gruppe gezeigt werden. Direkt nach der Therapie setzen
Probanden zudem häufiger und erfolgreicher Abrufstrategien bei Benennversuch
ein.
Die Exekutivfunktionen waren direkt nach Intervention ebenfalls verbessert,
nicht aber in der Katamnese.
4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung
Die Kombination von Sprachtherapie
und rTMS konnte die Benennleistung für geübte Items langfristig
verbessern. Personen mit PPA könnten somit von einem gezielten Training
alltagsrelevanten Vokabulars trotz fortschreitender Symptomatik direkt profitieren.
Auch der Einsatz der Abrufstrategien stellt eine zusätzliche Möglichkeit
dar, die sprachlich bedingten Alltagseinschränkungen zu verzögern.
Weitere Untersuchungen mit größeren Fallzahlen werden zeigen, ob
die rTMS einen Zusatznutzen zum alleinigen Sprachtraining hat und welche klinischen
Faktoren die Effektivität des Sprachtrainings möglicherweise modulieren.
Der Einsatz non-invasiver Hirnstimulation zur Augmentation übendern Verfahren
wie der Logopädie bei Demenzerkrankungen ist eine potentielle weitere
Behandlungssäule neben Pharmakotherapie.
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