Individuelle Erwartungen an und Umgang mit der Abschätzung des Demenzrisikos - Vorläufige Daten der PreTAD-Studie

Michelle Gerards1, Christiane Woopen2, Frank Jessen3, Ayda Rostamzadeh3, Carolin Schwegler4, Björn Schmitz-Luhn2

1Zentrum für Gedächtnisstörung, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Uniklinik Köln, Köln
2Center for Life Ethics, TRA 4, Universität Bonn, Bonn
3Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Uniklinik Köln, Köln
4Fakultät für Geisteswissenschaften, Universität zu Köln, Köln

1. Zielsetzung/Fragestellung

Es zeichnet sich ein Paradigmenwechsel von einer kurativen hin zu einer prädiktiven und präventiven Medizin ab, was mitunter in der Weiterentwicklung diagnostischer Methoden zur Früherkennung und Risikovorhersage von Erkrankungen begründet liegt. Bislang ist wenig über individuelle Erwartungen und den Umgang mit Risikovorhersagen im Bereich der Demenz-Prädiktion bekannt. Als trinationales Projekt zielt die PreTAD-Studie (The Predictive Turn in Alzheimer's Disease: Ethical, Clinical, Linguistic and Legal Aspects) darauf ab, unterschiedliche Sichtweisen auf die Vorhersage der Alzheimer-Demenz zu verstehen und Auswirkungen auf die Gesellschaft zu untersuchen. In quantitativen und qualitativen Erhebungen werden Bedürfnisse, Präferenzen und Entscheidungsparameter der Allgemeinbevölkerung, der Verwandten erstens Grades von Personen mit Alzheimer-Demenz und von Personen mit subjektiver kognitiver Störung (SCD) erhoben.


2. Materialien/Methoden

Im Rahmen einer Pilotstudie wurden Fragebögen zu hypothetischen Szenarien zur individuellen Vorhersage der Alzheimer-Demenz getestet. Dabei wurden Teilnehmer*innen entweder mit einem erhöhten Risiko bei hypothetisch auffälligen Blut-Biomarkern oder mit einem der Allgemeinbevölkerung entsprechendem Risiko konfrontiert. Auf dieser Grundlage wurden unter anderem Instrumente zur Messung der psychischen Belastung, der Lebensqualität, der Bereitschaft zur Änderung des Lebensstils, zur Ergreifung präventiver Maßnahmen und zur Ermittlung der Erwartung an und des Umgangs mit Risikovorhersage eingesetzt. Es wird über erste Ergebnisse der Pilotstudie mit 10 kognitiv gesunden Teilnehmer*innen und 10 Teilnehmer*innen mit SCD berichtet.


3. Ergebnisse

Teilnehmer*innen, die mit einem hypothetisch erhöhten Risiko konfrontiert wurden, fühlten sich eher so, als sei bei ihnen eine Krankheit diagnostiziert worden, als Teilnehmer*innen mit nicht erhöhtem Risiko. Sie waren eher bereit, allgemeine Lebenspläne zu ändern, einen gesünderen Lebensstil zu verfolgen und regelmäßiger zu ärztlichen Untersuchungen zu gehen. Weniger Auswirkungen hatte das Risikowissen auf Änderungen der Karrierepläne oder der Familienplanung. In beiden Gruppen waren Teilnehmer*innen unabhängig vom hypothetischen Risiko dazu bereit, Ergebnisse mit dem Partner oder der Partnerin zu teilen. Die Bereitschaft zur Mitteilung der Testergebnisse in der Familie und bei Freunden war bei hypothetisch erhöhtem Risiko geringer als bei hypothetisch nicht erhöhtem Risiko.


4. Zusammenfassung/Schlussfolgerung

Bei der Konfrontation mit einem hypothetischen Risiko schien insbesondere die Differenzierung zwischen einem Krankheitsrisiko und einer Krankheitsdiagnose schwierig für die Teilnehmer*innen. Das Risikowissen hatte Einfluss auf verschiedene Lebensbereiche. Die Ergebnisse des PreTAD-Projekts tragen dazu bei, individuelle und gesellschaftliche Perspektiven, Bedürfnisse und Präferenzen für die prädiktive Beratung und das klinische Management von prädiktiven und präventiven Ansätzen im Kontext der Alzheimer-Krankheit zu berücksichtigen.

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